Viele Personalberater dürften das Problem kennen. Eine Kundenanfrage zieht sich über Wochen, wenn nicht gar Monate hin, ohne dass auf Kundenseite eine Entscheidung für eine Kandidatin bzw. einen Kandidaten getroffen wird.
Nun wird es hierfür sicher gute Gründe geben. Trotzdem stellt sich die Frage, warum in Zeiten des vielbeschworenen Fachkräftemangels Unternehmen immer noch mit Prozessen arbeiten, die viel Zeit kosten oder sich dann schlimmstenfalls gar nicht für einen Bewerber entscheiden.
In der Vergangenheit war es oft so, dass Unternehmen schlichtweg Angst vor einer Fehlentscheidung im Rahmen der Stellenbesetzung hatten. Man dachte an ein verpasstes Probezeitende, Kündigungschutzprozesse oder vergebene Einarbeitungszeiten.
Diese Dinge existieren unbestritten auch weiterhin. Trotzdem lernen viele Unternehmen mittlerweile die Realität des gedrehten Arbeitsmarktes kennen. Gut ausgebildete Bewerber haben in der Regel mehrere Alternativen und entscheiden sich erfahrungsgemäß für das Angebot, welches das beste Gesamtpaket bietet. Hierzu gehört dann eine zügige Bearbeitung und Entscheidung – egal ob positiv oder negativ – lässt sich hieraus doch ein Interesse am und Respekt für den Bewerber ableiten.
Zudem ist der gesamte Arbeitsmarkt deutlich dynamischer geworden. Viele junge Menschen haben nicht mehr die Lebensanstellung in einem Unternehmen im Sinn, sondern nutzen einfach eine neue Chance, sollte es irgendwo in der Zusammenarbeit nicht mehr passen.
Sicher hat das Zeitmoment oft innerbetriebliche Gründe, die sich nicht von heute auf morgen beseitigen lassen. Immer wieder versickern die Profile interessanter Bewerber in den Zuständigkeiten zwischen Fachabteilung, Einkauf und Personalabteilung. Ein „leaner“ Rekrutierungsprozess ist aber heutzutage unumgänglich, will man die dringend benötigten Fachkräfte erreichen.
Von daher sollte sich jedes Unternehmen fragen, ob bereits an dieser Stelle genug getan wird, um die Betreuung von Bewerbern von Anfang an so angenehm und einfach wie möglich zu gestalten.
Wesentlich bei der oft zögerlichen Besetzung vorhandener Positionen ist aber ein auf der fachlichen Seite liegendes Problem, welches gerne mit der sprichwörtlichen Nadel im Heuhaufen umschrieben wird. Häufig werden in der oben zitieren Zone verschiedener Zuständigkeiten Anforderungsprofile und Stellenausschreibungen entworfen, die zwar das gewünschte und gesuchte Optimum darstellen, mit der Realität aber nichts zu tun haben. Diesem Ideal wird dann hinterhergelaufen und wenn es Monate dauert.
Dass dieser Weg in der Realität leider immer häufiger nicht zum Erfolg führt dürfte klar sein. Verwundert kann man aber darüber sein, dass viele Unternehmen hieraus nicht einen Sinneswandel ableiten, sondern strickt an ihren Anforderungsprofilen festhalten.
Das ist umso bedauerlicher, als dass ja gerade immer wieder auch Personalberater eingeschaltet und entlohnt werden, die helfen sollen, die Lücke zwischen Anforderung und Realität zu schließen. Doch so ergibt sich die paradoxe Situation, dass man zwar Berater bezahlt, diese aber ihre Arbeit nicht machen lässt. Ein Personalberater lebt doch gerade davon, dass er sein Kundenunternehmen kennt und Kandidaten vorschlägt, die außerhalb des normalen Suchradars liegen, aber trotzdem geeignet sein könnten, wenn sie denn eine Chance bekämen. Stattdessen werden nur die Vorgaben der Anforderung abgehakt und wenn irgendwo ein Haken fehlt, fällt das Profil raus.
Sicher ist das überspitzt formuliert, haben doch viele Unternehmen genau diese Probleme bereits erkannt und steuern bei der Auswahl ihrer Bewerber gegen. Auch in Assessment Center, besteht die Möglichkeit, Kandidaten verschiedener Ausrichtungen und Qualifikationsstufen besser kennen zu lernen, um sich keinen Potentialen zu verschließen.
Dennoch müsste das Umdenken hier noch flächendeckender erfolgen. Denn wenn man den Blick auf die Zuwanderung von Fachkräften, bzw der Rekrutierung aus dem Ausland wendet, bietet sich ein ganz ähnliches Bild. Zwar werden Fachkräfte angemahnt, aber sie sollen bitteschön alle fließend Deutsche sprechen – am ersten Tag versteht sich. Dabei hilft dann auch nicht nur der Ruf nach dem Staat, sondern es können doch Sprachkenntnisse auch innerbetrieblich „on the job“ oder während einer Ausbildung erworben werden.
Wenn es also ernst gemeint ist mit der Besetzung einer vakanten Stelle und dem Kampf gegen den Fachkräftemangel, sollte man als Unternehmen die fachlichen Anforderungen nicht zu hoch schrauben, Eigeninitiative zeigen und den Personalberater seine Arbeit machen lassen – dann klappt es auch mit den Fachkräften.