Blackberry und Android ? Das klingt wie eine Quadratur des Kreises. Zwar ist es vielen Usern immer noch egal oder auch einfach nicht klar, aber Googles Betriebssystem ist zumindest nach Einschätzung vieler Technikexperten ein Einfallstor für Viren und Malware und nimmt es aufgrund des Google Geschäftsmodells mit dem Datenschutz alles andere als genau. Vielmehr dienen die Daten des Nutzers für Google als Währung, sind sie doch die Grundlage für gezielte Werbung, die wiederum oft meistbietend verkauft wird.

Nun hat das alles dem Erfolg von Google allerdings nicht geschadet, im Gegenteil, denn auf der anderen Seite sind die Dienstleistungen und die Software, die User quasi im Gegenzug zur Freigabe ihrer persönlichen Daten erhalten, durchaus leistungsfähig und teilweise sicher in der Lage, den ein oder anderen für das System zu begeistern und als Nutzer zu binden – was eine Untertreibung darstellt, läuft doch auf dem überwiegenden Teil der Smartphones weltweit das Google Betriebssystem.

Auch wenn das iPhone und Apples Betriebssystem aufgrund der Medienpräsenz in aller Munde sind, Martkführer bei den mobilen Betriebsystemen für Smartphones bleibt also Google. Von daher ist der Schritt von Blackberry zumindest nachvollziehbar, besteht so doch das Potential, sich völlig neue Nutzerschichten zu erschließen. Wie wir schon in unserem ersten Artikel zum Thema Blackberry ausgeführt haben, sind diese neuen Nutzerschichten auch dringend notwendig, um weiterhin eine Alternative auf dem Smartphonemarkt sein zu können.

Dass Blackberry dabei einen Spagat zwischen Business- und Privatkunden meistern muss, ist nur eine der Herausforderungen. Mit verschiedenen Programmen wird jedenfalls versucht auch Unternehmenskunden ins Boot zu holen, Android quasi den Schrecken der Datenunsicherheit zu nehmen. So überwacht das Programm „DTEK“  die Sicherheit auf dem Gerät, vor allem bei der Nutzung von APPS.  Ob und wie das gelingt, ist ein anderes, sicher ausgiebig diskutierbares Feld. Wir wollen uns einfach auf das PRIV als Smartphone beschränken. Wie schlägt es sich im Alltag und ist es eine Konkurrenz für die übrigen Platzhirsche?

Alleinstellungsmerkmal – Die Tastatur

Nach dem Siegeszug der Active Sync und POP3 E-Mail-Dienste hat Blackberry sein bis dahin durchaus schlagkräftiges Alleinstellungsmerkmal – den mobilen E-Mail Empfang, mehr oder weniger eingebüßt. Daher besann man sich auf den Hardwareaspekt und ist aktuell der einzige Hersteller, der in einem aktuellen Smartphone eine „echte“ Tastatur verbaut, beim PRIV ist diese auch noch ausziehbar. Nun kann alleine über diesen Punkt vortrefflich diskutiert werden. Wie immer gibt es zwei Seiten. Echte Fans der Marke, von denen es immer noch einige gibt, schwören auf die Tastatur und würden nie mittels eines Touchscreens längere Nachrichten verfassen.

Diese Gruppe ist allerdings immer kleiner geworden und so fragt sich, ob die Tastatur länger als Alleinstellungsmerkmal funktioniert. In unserem Test kommen wir zu einem eindeutigen Ergebnis: „Ja“! Die Frage ist allein, ob man sie wirklich braucht. Denn auch wenn man noch so lange an eine Tastatur gewöhnt ist auch auf einem Touchscreen kann man mit Übung gut und schnell schreiben, wenngleich die Genauigkeit oft geringer ist.

Leider scheint den meisten Menschen gerade dieser Aspekt aber immer weniger wichtig zu sein. Das liegt auch einer geänderten Kommunikationsweise. Echtzeitchats sind eben meist kürzer und prägnanter als inhaltlich anspruchsvolle Nachrichten im beruflichen Kontext. Gerade in der Welt der Whatsapp und Kurznachrichten wird zudem nicht mehr so ausführlich formuliert, sondern werden mittels Abkürzungen und Emoticons Emotionen ausgedrückt. Dazu bedarf es nicht zwingend einer Hardwaretastatur.

Daher bleibt die Notwendigkeit einer Tastatur primär wohl auf das berufliche Umfeld beschränkt, wo das richtig geschriebene Wort einen anderen Stellenwert hat. Die Tastatur des PRIV ist jedenfalls durchaus brauchbar und im Sinne der BB Historie ausgelegt. Ist sie aber unabdingbar? Wir haben uns jedenfalls oft dabei ertappt, auf dem Touchscreen zu schreiben, ohne die Tastatur auszufahren. Das war dann mehr eine bewusste Entscheidung – „ach ja, ich habe ja noch eine richtige Tastatur“. Letztlich funktioniert das Schreiben auf dem Bildschirm mit dem BB Priv jedenfalls genauso gut oder schlecht wie auf anderen Touchscreengeräten. Es bleibt daher vor allem Geschmackssache, ob man die zusätzliche Tastatur benötigt.

Erfreulicherweise hält sich der Größenzuwachs trotz des Slidermechanismus in Grenzen. Einzig eine gewisse Kopflastigkeit bei ausgefahrener Tastatur mag den einen oder anderen stören. Im Ergebnis dürfte allerdings vielen Usern, die in der letzten Zeit mangels Verfügbarkeit von Alternativen vor allem auf Touchscreengeräten geschrieben haben, der Umstieg zurück auf eine Tastatur nicht unbedingt notwendig erscheinen.

Sonstige Hardware

Für viele Apple Nutzer ist es immer noch Zukunftsmusik, erfreulich ist aber, dass beim BB PRVI die SIM – und ggfs. eine SD Karte, von außen wechselbar sind, ohne das eine Klappe, der Akku oder ähnliches geöffnet werden muss. Auch die Blackberry typische Benachrichtigungs LED ist wieder an Bord und lässt sich z.B. für individuelle Postfächer oder Benachrichtungen von social media Apps mit unterschiedlichen Farben belegen. Ein durchaus nützliches Feature, kann man so doch auf einen Blick sehen, ob eine berufliche E-Mail oder nur eine whatsapp Nachricht im Posteingang wartet. Nicht umsonst verfügen mittlerweile viele andere Android Handys über ähnliche optische Benachrichtigungen.

Ein früheres Alleinstellungsmerkmal hat Blackberry allerdings eingebüßt und das betrifft die Akkulaufzeit. Das hochauflösende und große Displays hier keine Sparweltmeister sein können, liegt auf der Hand. Trotzdem kann die Laufzeit überzeugen und brachte uns durch einen gesamten Tag, ohne größere Probleme. Je nach Nutzungsintensität konnten wir uns auch das Aufladen über Nacht sparen und haben das PRIV erst am nächsten Vormittag an das Netz zum Aufladen gehängt. Die Zeiten, als die mobilen E-Mailmaschinchen aber mehrere Tage ohne Probleme durchgehalten haben sind aber erst einmal vorbei. Hier befindet sich das PRIV allerdings in bester Gesellschaft zu anderen Herstellern, ohne sich besonders positiv oder negativ abzuheben.

Display

Das Display des PRIV stammt vom Zulieferer Samsung und stellt in sofern mehr oder weniger state of the art dar, ohne besondere Highlights zu setzen. Auch der an den Seiten leicht abgeflachte Bildschirm bringt unter dem Strich keinen Gewinn. Von daher handelt es sich um Standardware, die ihren Dienst allerdings recht solide absolviert und keinen übermäßigen Unterschied zu den Flagschiffen anderer Hersteller bringt. Das Bild ist scharf und meist gut ablesbar. Ob das Wettrennen um immer mehr Pixel einen tatsächlichen Zweck erfüllt, ist sowieso mehr als fraglich.

Android

Wesentlicher Unterschied zu allen anderen Geräten des kanadischen Herstellers ist allerdings das Betriebssystem. Wer Android kennt, wird auch mit dem PRIV keine größeren Schwierigkeiten haben. Die Sonderprogramme von Blackberry halten sich in Grenzen und stellen für den Privat- oder Business Enduser kein Kaufargument dar, dienen sie doch primär einer suggerierten Gerätesteuerung durch den IT Admin. Klar ist, dass die Möglichkeiten der Gerätefernadministration, wie sie noch über einen Blackberryserver und ein ebensolches Betriebssystem gegeben waren, der Vergangenheit angehören. Nichtsdestotrotz bemüht sich Blackberry, hier mit Zusatzprogrammen vergleichbare Funktionalitäten anzubieten. Ob und wie sich diese dann entwickeln, bleibt abzuwarten. Klar ist, dass die wesentliche Änderung vor allem das Betriebssystem ist, welches ja gerade nicht den Datenschutz als wesentliches Element im Lastenheft hat, dafür aber neue Nutzerschichten ansprechen soll.

Wie benutzt sich Android aber in der Praxis, gerade, wenn man das System noch nicht kennt? Wir haben einen Nutzer, der sich dem Android Universum bisher vollständig verschlossen hat, das Gerät an die Hand gegeben.

Das Feedback war durchaus positiv. Wie bei anderen modernen System auch, gelingt der Einstieg für technikaffine Menschen schnell. Die Einstellungsmöglichkeiten sind vielfältig, wenngleich teilweise etwas zu vielfältig und auch Detailaufgaben, wie das Empfehlen von Inhalten in socialmedia, gelingen flüssig. Einzig die Kombination aus Apps und Widgets verwirrt, macht aber sicher für viele auch den Reiz aus, sein Telefon individuell zu gestalten und auf den Anwender anzupassen.

Interessant ist die umfangreiche Anzeige von Berechtigungen, die von Apps bei der Installation angefordert werden. Das kennt man von anderen Betriebssystemen nicht so detalliert. Gleichzeitig fragt man sich, warum Spielapps für Kinder Zugriff auf sämtliche Daten des Telefons benötigen? Da wird dann schnell klar, warum Android für datensensible Bereiche nicht die erste Wahl ist. Auf der anderen Seite verlangen Apps in anderen System meist vergleichbare Berechtigungen, diese werden dem User allerdings nicht so transparent angezeigt. Verweigert man bei der Installation den Zugriff auf bestimmte Bereiche, lässt sich ein Großteil der Programme dann gar nicht mehr installieren. Hier bleibt nur Totalverweigerung oder eben Datenfreizügigkeit.

Nun ist das alles nichts Besonderes und es bleibt immer noch Geschmackssache, ob man nun mit Windows 10, IOS oder eben Android arbeitet. Selbst das Blackberry OS 10 funktioniert auf dieser Ebene reibungslos.

Hervorzuheben ist an dieser Stelle noch der zentrale Posteingang, den Blackberry „Hub“ nennt. Hier landen die Nachrichten oder Benachrichtigungen aller Postfächer, seien es Emails oder Mitteilungen aus whatsapp, Facebook oder twitter. Es lässt sich genau definieren, was wann wie gezeigt wird oder welche Benachrichtungen erscheinen. Gerade wenn man mit verschiedenen Anbietern und E-Mailpostfächern arbeitet und bisher über unterschiedliche Apps auf Mailkonten zugreifen musste, stellt das eine erhebliche Verbesserung dar. Mehrere Emailadressen und Twitteraccounts lassen sich so einfach getrennt aber dennoch zentral einsehen und bearbeiten. Einen ähnlichen Weg geht Microsoft mit der plattformübergreifenden Outlook App für Mobilgeräte, wenngleich die social media Integration Blackberry vorbehalten bleibt. Für „power user“ in jedem Fall ein entscheidender Vorteil, den andere Hersteller bisher nicht so konsequent umgesetzt haben.

Daneben bleibt, dass Android auf dem Blackberry Priv vor allem einen Effekt hat. Mit dem Google Playstore hat nun auch der geneigte Blackberry User Zugriff auf den Appstore mit einer der höchsten App Dichte. War es bisher recht aufwendig, Apps zu installieren oder überhaupt auf dem Blackberry zu laufen zu bringen, klappt das nun wie auf jedem Android Smartphone ohne Probleme. Ob es dieses Universums wirklich bedarf, muss der Markt entscheiden. Scheinbar ist es so, dass die überwiegende Anzahl der Nutzer ohne diese Vielfalt nicht mehr auskommt. De facto dürfte trotzdem jeder Nutzer eine gewisse Anzahl Standardapps haben, der Rest fristet meist ein eher kümmerliches Dasein als Datengrab. Eventuell ist es aber auch die Möglichkeit zu können, wenn man wollte. Menschen bleiben vielleicht Jäger und Sammler, da beschränkt man sich ungern und wenn nur „appseitig“.

Wrap up

Was bleibt? Das Blackberry PRIV ist ein hervorragendes Telefon mit Android Betriebssystem. Es verbindet das Beste aus zwei Welten einzigartig und durchaus praxistauglich. Bildschirm und Akkulaufzeit bewegen sich im üblichen Rahmen. Wenn man ehrlich ist, ergeben sich gerade für den Businessanwender aus der Nutzung des Android System zwar keine wesentlichen Vorteile gegenüber dem Blackberry OS oder dem Apple iOS, wenngleich er sich vielleicht nun von seinem privaten Telefon nicht mehr umstellen muss. Android selbst erledigt seine Aufgabe aber solide und gefällig.

Trotzdem ist die Mischung aus Hard- und Software durchaus ansprechend, erst recht, weil man den positiven Effekt einer Hardwaretastatur sein eigenen nennen kann. Wem es auf maximale Portabilität ankommt, der ist hier zwar falsch. Ebensolche user, die maximale Datensicherheit und Fernwartung der Geräte erwarten. Auch ist der Preis nach wie vor recht hoch. Trotzdem gibt es nun spätestens mit dem neuen Betriebssystem keinen Grund mehr sich vor einem Blackberry zu fürchten. Daher lautet unsere Empfehlung: Back to the roots – warum nicht? Wem Googles Android nicht gefällt, der kann ja immer noch zu BB OS 10 Geräten greifen. Blackberry jedenfalls macht vieles richtig und wenig schlechter als die Konkurrenz. Also verbietet sich ein bashing des Herstellers – zudem: Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft.